Ich starte direkt mit einem Geständnis: Eigentlich war ich nie ein Fan von so genannten ‚Wordcounts‘ beim Schreiben. Schlimmer noch: Ich habe Autor:innen heimlich (ein bisschen) verurteilt, die sich akribisch an selbstgesetzte Wörterziele hielten, nur weil sie in kurzer Zeit ihr Buch fertig schreiben wollten. „Heute wieder 3000 Wörter geschrieben!“, „Wieder mein Ziel von 1000 Wörtern geschafft!“, verkündeten sie in den sozialen Medien. Es schien mir einfach an den Haaren herbeigezogen, wenn ich mir vornähme, ein paar hundert oder sogar tausend Wörter pro Tag zu schreiben.
Da meldete sich sofort die innere Kritikerin in mir:
Schreiben ist doch etwas Kreatives, das man nicht erzwingen sollte?
Noch besser: Wörterziele sind doch nur ein Produkt einer Leistungsgesellschaft, die darauf getrimmt ist, sich gegenseitig zu übertrumpfen!
Würde ein solches Wörterziel nicht Stress und Druck in den Schreibprozess bringen und nur zu qualitativ minderwertigen Texten führen, die keiner lesen möchte?
Wie du dein Wörterziel setzt
Nun hat mich im November der NaNoWriMo („National Novel Writing Month“) aber doch dazu inspiriert, es mal mit dem Wörterziel zu versuchen. „Schaden kann es ja nicht“, dachte ich mir.
Natürlich habe ich nicht gleich mit 2.000 Wörtern pro Tag angefangen, sondern mit einer Zahl, die mich zwar nervös machte, weil sie höher war als das, was ich sonst pro Tag geschrieben habe, aber gleichzeitig machbar erschien. Für mich hieß diese Zahl 800 Wörter an sechs Tagen in der Woche.
Und ja, nun sitze ich hier und empfehle dir, dir Wörterziele zu setzen, damit du dein Buch endlich fertig schreibst. Denn meine anfänglichen Zweifel daran stellten sich als dieselbe innere Kritikerin heraus, die für all die Schreibblockaden verantwortlich ist, die den Schreibfluss regelmäßig zum Erliegen bringen. Wieder einmal hatte sich meine Kritikerin nur gut getarnt mit für mich glaubhaft formulierten Argumenten, die ich nun auch bei dir ein für alle Mal ausräumen möchte.
5 Gründe, warum du dir beim Schreiben Wörterziele setzen solltest

1. Du baust eine Schreibroutine auf
Ja, es macht dir vielleicht Stress, immer diese Zahl im Nacken sitzen zu haben. Doch durch sie nimmst du dir regelmäßig die Zeit zum Schreiben und kommst mit deinem Buch voran. Das Schreiben bekommt seinen Platz in deinem Alltag – nur so kannst du dein Buch irgendwann fertig schreiben.
2. Du legst deinen Perfektionismus beim Schreiben ab
Wer hat gesagt, dass der erste Entwurf perfekt sein muss? Mit einem Wordcount schreibst du weiter, auch wenn hier und da sicher noch Lücken im Plot sind oder Figuren ausgereifter sein könnten. Schließlich ist hinterher noch genug Zeit, diese zu überarbeiten, zu stopfen und auszuweiten. Mit dem Wörterziel schaffst du dir zumindest eine Grundlage, schreibst den Rohentwurf deines Buches fertig.
Von dort aus kannst du in die Tiefe gehen und deinem Buch die Qualität verleihen, die du dir wünschst (und nach der dein Kritiker so liebend gern verlangt). Außerdem wirst du überrascht sein, dass erste, spontan niedergeschriebene Szenen doch gar nicht so furchtbar sind, wie dein Kritiker dir zuvor eingeflüstert hat…
3. Schreiben wird zur Entdeckungsreise
Indem du regelmäßig schreibst, baust du nicht nur eine Routine auf, sondern hast überhaupt die Möglichkeit, in den Flow zu kommen. So lernst du die von dir erschaffene Welt, ihre Figuren und ihre Geschichte unterwegs kennen. Ich muss zugeben: Die besten Einfälle und Wendungen hatte ich, während des Schreibens für meinen Roman – nicht vorher durch langes Brainstormen. Sie sind einfach so entstanden, aus dem Schreibfluss heraus.
Lange Gedanken, Analysen und Zweifel unterbrechen deinen Fluss, während du dir mit dem Fokus auf dein Wörterziel erlaubst, „nach vorne“ zu schreiben und so tiefer und tiefer in deine Geschichte einzusteigen. Und genau das ist es doch, dass wir uns beim Schreiben wünschen, nicht wahr?
4. Es macht einfach ein tierisch gutes Gefühl
Du weißt doch bestimmt, wie gut es sich anfühlt, ein To-Do von deiner Liste abzuhaken. Warum sollte das beim Schreiben anders sein?
Es gibt für mich kaum einen besseren Start in den Tag, wenn ich bereits vor 9 Uhr meinen Wordcount erreicht und damit die Arbeit an meinem neuen Romanprojekt für diesen Tag erledigt habe.
5. Du schreibst dein Buch endlich fertig!
Auch das habe ich zuvor gerne vergessen: Ein gesetztes Wörterziel führt natürlich automatisch dazu, dass dein Buchprojekt stetig wächst und gedeiht. Klar gibt es Tage, die schwerfälliger sind oder an denen du nicht besonders begeistert von dem bist, was du geschrieben hast. Doch zumindest weißt du eines sicher: Du kommst jeden Tag voran mit deinem Buch – und schreibst es endlich fertig.
Wirst du jetzt dein Buch fertig schreiben?
Na, konnte ich deine Zweifel – oder die deiner inneren Kritikerin – ausräumen? Versuch es einfach mal! Setze dir ein Wörterziel und bestimme einen Zeitraum, in dem du es einhalten möchtest.
Schreibe es jetzt unten in die Kommentare, um dich ab sofort zu committen und dein Buch fertig zuschreiben!
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Ich finde deinen Text sehr motivierend! Ich habe meinen Rohtext inzwischen fertig, auch ohne konkretes Wortziel, aber mit dem Drang, jeden Tag dran zu bleiben, auch in den allerunmöglichsten Alltagssituationen (so abends nach der Arbeit kurz vorm Wegdämmern). Aber jetzt muss ich alles noch einmal gründlich überarbeiten (2. Durchgang bereits, man findet immer noch genug) und kann an dem Punkt merken, dass ich hier jetzt ein Wortziel brauche. Ein Kapitel pro Tag. Oder wenigstens ein halbes. Zur Zeit stagniere ich seit 2 Wochen, aber ich will mich jetzt und hiermit wieder aufraffen!
LG, Tala
Das kenne ich, mir geht es auch so, dass ich mich manchmal zur Überarbeitung aufraffen muss – vor allem, wenn ich eigentlich nicht so viel ändern will und an der Rohfassung irgendwie hänge. Aber auch für die Überarbeitung ein Wörterziel einzusetzen, finde ich eine gute Idee! Das probiere ich auch mal aus. 🙂
Liebe Grüße!
Ich habe auf jeden Fall wieder angefangen, das ist schon mal ein erster Schritt! Schacka!
[…] Warum können wir nicht 2000 Wörter jeden Tag schreiben – aber (scheinbar) alle anderen schon? Wörterziele können zwar eine große Hilfe für dich sein, eine Schreibroutine aufzubauen, doch können sie auch Gegenteiliges bewirken: Sie blockieren deinen Schreibfluss, weil sie dir […]
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