Als mir diese eine Geschichte in den Sinn kam, die mir inzwischen so ans Herz gewachsen ist, dass daraus ein Roman wird, war mir nicht sofort klar, dass ich ein Buch mit Zeitsprüngen schreiben würde. Doch je länger ich an der Handlung gefeilt habe, umso deutlicher wurde es: Es müssen olle Kamellen (wie man so schön im Rheinland sagt) aus der Vergangenheit meiner Protagonistin erzählt werden. In diesem Artikel möchte ich mit dir teilen, wie ich mein Manuskript und die Handlungsstränge strukturiere und schreibe, damit ich nicht zwischen Gegenwart und Vergangenheit den Überblick verliere.
Mein Roman spielt zu zwei unterschiedlichen Zeiten: Einmal in der Realität einer jungen Erwachsenen und einmal in der frühen Kindheit und Jugend – wobei die Realität aus der Ich-Perspektive der Protagonistin erzählt wird und die Vergangenheit (logischerweise) als Rückblicke.
Ich muss zugeben, dass ich mir mit der Erzählperspektive in den Rückblicken noch nicht sicher bin. Manchmal passt auch hier die Ich-Erzähler-Sicht, manchmal würde ich lieber einen auktorialen Erzähler benutzen. Aus dem einfachen Grund, dass die Rückblicke dann neutraler wären und die Leser:innen sich eine eigene Meinung über das Geschehene bilden können.
Aber das ist ein anderes Thema.
Lass uns erstmal schauen, wie du Struktur in deinen Roman bekommst ohne ein:e Zeitreisende:r zu werden!
Tipp 1: Leg dir zwei Dokumente an
Du kannst natürlich alle Zeitsprünge in ein Dokument herunterschreiben. Meine Erfahrung zeigt aber, dass sich das nur bewährt, wenn man sich ganz sicher ist an, an welcher Stelle der Zeitsprung eingefügt werden soll.
Wenn du noch unsicher bist oder flexibel bleiben möchtest, rate ich dir, ein Dokument mit der Haupthandlung anzulegen und eines mit den Zeitsprüngen.
Bei mir ist es so, dass ich die Rückblicke in die Kindheit und Jugend an unterschiedlichen Erzählpunkten einfügen könnte – sie lassen sich sozusagen untereinander austauschen.
Deshalb habe ich mir ein Dokument mit der Haupthandlung angelegt, in das ich Markierungen vermerke, wo ich Zeitsprünge einfügen möchte. Das klingt dann beispielsweise so:
„Weißt du noch, wie Papa diese Geburtstagstorte besorgt hat, die einen Handybildschirm als Dekoration hatte?“
„Oh man, den Hinweis verstehe ich erst jetzt als Erwachsene richtig!“((Hier Rückblick zu Geburtstag einfügen.))
Quelle: Mein noch nicht fertiger Roman ;_)
Tipp 2: Schreib erst deinen Haupthandlungsstrang einmal runter
Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber vor allem die Szenen für Rückblicke schießen mir gerne einfach so in den Kopf oder entstehen, während ich eigentlich an der Haupthandlung schreibe. Lass dich nicht davon ablenken, sondern fokussiere dich erstmal auf einen Handlungsstrang – am besten den, an dem du gerade schreibst!
Schreibe dir die Ideen in dein zweites Dokument. Wenn du die Szene schon klar vor Augen hast, schreibe sie ausführlich auf, aber komme danach wieder zu deinem Haupt-Manuskript zurück!
Tipp 3: Höre nicht auf zu schreiben – oder zumindest über deinen Roman nachzudenken
Das ist ein Tipp, der allen Autorinnen und Autoren hilft – nicht nur denen, die ein Buch mit Zeitsprüngen schreiben. Trotzdem erwähne ich ihn hier noch mal explizit, weil er wirklich wichtig ist: Höre nicht auf zu schreiben! Gerade wenn du ein Buch mit Zeitsprüngen schreibst, gibt es so viele Möglichkeiten weiterzumachen!
Ja, ich habe zuvor dafür plädiert erst den Haupthandlungsstrang zu schreiben. Aber wenn es da hakt und er dich nervt, schreib einen Zeitsprung fertig (in dein zweites Dokument).
Mir hilft es z.B. sehr, wenn ich erst mehrere Szenen in eine Reihenfolge bringe und durchdenken und sie anschließend runterschreibe. Bin ich damit fertig, denke ich erst wieder nach und bringe die nächsten Szenen in eine logische und zeitliche Reihenfolge. Bei mir wechseln sich dadurch Schreib- und Denkzeiten regelmäßig ab. Ich arbeite irgendwie konzentrierter und strukturierter.
Und glaub mir: Jede:r braucht mal eine Auszeit vom Schreiben und nicht jedes Problem löst sich gedanklich über Nacht. Aber komm früher oder später immer wieder zu deinem Buch zurück und wenn es nur beim Zähne putzen ist.
Tipp 4: Spring nicht unnötig Hin und Her
Weißt du eigentlich, wann du von dir als Autor:in vermutlich am meisten genervt bist? Wenn du denkst, du hast eine fertige Rohfassung und dann feststellst, dass es überall Lücken gibt oder nur Hinweise wie „Hier irgendwas ausdenken, damit Paul einen Grund hat, zu Anna zu gehen.“ Wobei ein solcher Hinweis ja noch nett von deinem früheren Autoren-Ich ist.
Manchmal passt auch einfach der Anschluss von zwei Szenen nicht, weil du dir nicht überlegen wolltest, wie der Zusammenhang sein kann. Vermeide diese innerliche Wut auf dich selbst am besten schon beim Schreiben! Spring nicht unnötig Hin und Her, sondern versuche immer, logische Übergänge zu schaffen oder zumindest einen Gedanken zu notieren, der die Aktionen deiner Personen und Szenenwechsel sinnvoll erscheinen lässt.
In meinem Fall ist es z.B. ein solcher Absatz:
„Anna kommt vom Klassentreffen nach Hause und kann ihre Gefühle nicht einordnen. Ihre Schwester klopft am nächsten Tag und die beiden quatschen über den vorherigen Abend. Die restlichen Tage gehen aber eher ruhig und unspektakuläre zu Ende bis Anna wieder zurück in ihre Wahlheimat fahren muss. Szene mit unspektakulärem Familienessen oder so. Einfach Alltag zeigen. Anna ist zu abgelenkt vom Besuch zu Hause, um weiter über die Gefühle nachdenken zu können. Alles kommt erst wieder in München hoch.“
Quelle: Immer noch mein Roman, der noch nicht fertig ist. 😉
Du merkst: In dem Beispiel ist nichts ausformuliert, es sind noch Seiten zu befüllen und auszuarbeiten für mich. Aber ich habe zum einen Annas Gefühle bereits beschreiben und eine Begründung dafür gefunden, wieso sie ihnen nicht sofort nachgeht, sondern erst Tage später. Diese beiden Aspekte sind wichtig, damit ich die Handlung logisch weiterschreiben kann. So kannst du mit einfachen Mitteln Sprünge vermeiden und erleichterst dir die spätere Überarbeitung – dein zukünftiges Autor:in-Ich wird es dir danken!
Hast du Tipps, für Autor:innen, die ein Buch mit Zeitsprüngen schreiben möchten?
Wenn du bereits an deinem Buch schreibst, hast du sicher selbst schon Erfahrungen gesammelt und weißt, was für dich funktioniert und was nicht. Schreib es uns doch gerne mal in die Kommentare! Je mehr Tipps wir sammeln, umso besser kommen wir alle mit unseren Manuskripten voran! Und natürlich freuen wir uns auch über ein Feedback, ob dir unsere Tipps helfen! Wenn nicht, woran hakt es denn bei dir noch?
Hej ihr!
Im Moment arbeite ich meine Rückblicke direkt in das Manuskript ein. Derzeit sind es noch Erinnerungen, die durch einen klaren Zeitenwechsel gekennzeichnet sind. So kann ich später noch entscheiden, ob ich daraus einzelne “Sequenzen” / Kapitel mache. Mir hilft es, die Sprünge direkt im Schreib- und Lesefluss zu haben.
Den Tipp mit den Notizen zur Schaffung von Übergängen finde ich sehr hilfreich. Mache ich manchmal bereits so, aber immer noch viel zu häufig schleicht sich sowas ein wie “Überleg dir noch xy”
Hallo Lena,
den klaren Zeitenwechsel als Kennezeichnung zu benutzen, ist auch ein richtig guter Tipp! Und stimmt: Ich weiß schon, dass aus meinen Rückblicken eigene Kapitel werden sollen, deshalb kann ich gut mit zwei Dokumenten arbeiten. Wenn man da aber noch nicht so sicher ist, kann es hilfreich sein, alles in einem Dokument zu haben!
Liebe Grüße
Su